Nach einer dendrochronologischen Untersuchung durch den Bauforscher Tilmann Marstaller, wurde das Holz für die Zehntscheuer im Winter 1573/74 geschlagen. Wir dürfen also annehmen, dass die Zehntscheuer zusammen mit der benachbarten Kelter (seit 1760 Kirche) 1575 gebaut wurde. Damals war der erst 20-jährige „Ludwig der Fromme“ Herzog von Württemberg.
Die in Reusten gesammelte Zehntabgabe an Getreide, Wein und Feldfrüchte etc. wurde damals an die für die Dörfer des Ammertals zuständige Pflege dem Verwaltungssitz auf Roseck abgeliefert. Neben der Zehntscheuer, arbeitete die „Innere Mühle“ bis 1956, heute Familie Haupt. Wir haben also mit der Zehntscheuer, der Kelter und der Mühle ein dörfliches „Wirtschaftszentrum“. Vermutlich gehörte auch noch das benachbarte „Bühlerhaus“ als Verwaltungsgebäude dazu. Das Backhaus wurde erst 1855 erbaut.
Wir müssen auch davon ausgehen, dass es Vorgängerbauten der Zehntscheuer gegeben hat, denn die Zehntabgabe wurde schon seit Karl dem Großen, ~ 800, im Abendland erhoben. Ab 1293 war das Kloster Bebenhausen Grundherr und damit Empfänger der Zehntabgabe von Reusten. Seit der Reformation 1534 war die Herrschaft Württemberg Grundherr und Empfänger der Zehntabgabe.
Die Lage der Bauern war damals in jeder Hinsicht drückend: wirtschaftlich, politisch und weltanschaulich. Neben Zehnt- und Pachtabgaben mussten sie unentgeltliche Fron- und Spanndienste für die Herrschaft leisten. Sie waren nahezu rechtlos ihrer Herrschaft ausgeliefert. Es gab weder die Freiheit zu heiraten, wen man wollte, noch die Freiheit dort hinzuziehen, wo man wollte. Weil die württembergischen Herzöge sich unter Ulrich für den Protestantismus entschieden hatten und Reusten Besitz dieser Herzöge war, mussten auch sie Protestanten werden.
Die Zehntabgabe wurde bis 1852 eingezogen und dann durch andere Steuern ersetzt.