Von der Zehntscheuer zum Bürgertreff
Eine kurze Geschichte von Zehntsteuer und Zehntscheuer
Die Zehntabgabe ist eine uralte Steuer, die entweder in Form von Geld oder häufiger von Naturalien an geistliche oder weltliche Herren geleistet wurde. Diese Steuer gab es schon vor über 3000 Jahren in verschiedenen Kulturen. Man findet sie im Alten Testament, in Ägypten und in Babylon. Sie wurde im 8. Jahrhundert im „Christlichen Abendland“ eingeführt und konnte zwischen 10 und 30 Prozent betragen.
In der Zehntscheuer wurde die Zehntsteuer, die meist aus Feldfrüchten bestand, vor allem aus Getreide, Wein, Öl… gesammelt und schließlich an den Dorfherren abgeliefert. Der Dorfherr von Reusten war seit 1293 das Kloster Bebenhausen, bzw. der Abt des Klosters.
Die Dorfherren übten die Gerichtsbarkeit im Dorf aus, bezogen die Strafgelder, setzten den Schultheißen und alle anderen Dorfämter ein. Sie verfügten über die Leibeigenen, bezogen die Steuern und Abgaben, also auch die Zehntsteuer, und konnten Fronen, d.h. unbezahlte Arbeiten, verlangen. Die Lage der Bauern im Mittelalter war drückend, weshalb es auch immer wieder zu Aufständen kam.
Die Kirche wurde 1575 als Weinkelter erbaut und 1760 zur Kirche umgebaut. Auch die heutige Zehntscheuer wurde auf das Baujahr 1575 datiert. Das Backhaus kam erst im Jahr 1855 dazu.
Nach der Reformation kam das Kloster Bebenhausen in den Besitz der Herzöge von Württemberg, die es 1534 auflösten. Der Klosterbesitz wurde von einem Klosteramt in Lustnau verwaltet. Zuständig für Reusten war die Klosterpflege = Verwaltungsstelle auf Schloss Roseck. Dorthin wurde auch die Zehntabgabe aus Reusten geliefert.
1852 wurde die Zehntsteuer aufgehoben. Die Zehntscheuer wurde überflüssig und diente dann anderen Zwecken. Von 1927 bis 1965 diente die Zehntscheuer als „Turnscheuer“, dann als Schafstall, als Salzlager, als Farren- (Bullen) stall und schließlich als Notunterkunft für eine Familie.
Die Zehntscheuer, die Kelterkirche, und das Backhaus, die den Zehnthof umschließen, bilden heute eine einmalige Kulisse für Veranstaltungen jeder Art.
Seit einigen Jahren wird sie von ehrenamtlichen Helfern, mit Gemeindegeldern und staatlicher Förderung, ELR = Entwicklung ländlicher Raum, zu einem Bürger- und Kulturtreff ausgebaut. Die Arbeiten gehen planmäßig voran. Einweihung ist am 29. September 2018.
Roland Fakler